jens, erfurt – germany

Garten: Paradiese, Arkadien, perfekte Orte, um zur Ruhe zu kommen, die Natur auch mal neu zu entdecken, selbst ein wenig zu entschleunigen und sich etwas mehr zu finden. Mit der Pandemie ist der Garten für viele Menschen zu einem noch innigeren Ort geworden. Doch auch Gartenlose wie ich finden in der Krise einen Zustand fast vollendeten Gartenglücks. Ich arbeite als Journalist in und mit Gärten, besuche sie oft und gern, inszeniere ihre Schönheit, verzweifle aber auch an der Kraftlosigkeit von Bildern im Angesicht der mehrdimensionalen Pracht.
Während des Lockdown war mir der liebste Garten verschlossen. Dem egapark erging es wie so vielen anderen Einrichtungen. In der abgekapselten Zeit, in der ich das Zeitmaß viel kleinteiliger erlebte, machte ich mich auf den Weg und spazierte durch meine liebsten Gedankengärten:  Ich erinnerte mich an den Klang der Kiessteine unter den Füßen in Derek Jarmans Dungeness-Kleinod. Ich träumte mich zurück in die Landschaften südafrikanischer Einsamkeit mitsamt ihrer kleinen gärtnerischen Entdeckungen. Ich bewegte mich gedanklich durch die formschnittverwöhnten Traumkulissen italienischer Renaissanceeinmaligkeit. Ich reiste durch die Abfolge von Traumgärten an der Loire, wo es hinter jeder Ecke noch schöner, noch stolzer, noch eleganter wurde. Nicht zu vergessen die vielen polnische Sehnsüchte im Hirschberger Tal mit goldener Stimmung und glänzenden Begegnungen.
Das Thema „Garten” muss nicht nur als Bodensubstrat durch die Hand rieseln und in Gießkannenlitern bemessen werden. Garten steht für mich neben dem eigenen Erleben und Erfahren auch und immer wieder gern fürs Entdecken. Kaum eine Reise, bei der nicht etwas Gärtnerisches den Weg kreuzte. Mit dem Stillstand und der Distanz kam auch das Flanieren zum Erliegen – zumindest in die Ferne. Dafür wurde die Nähe in der Zeit der Nähelosigkeit zum neuen Reiz: Ein Stadtpark vor der Tür, knirschender Grund, tirilierende Amseln, neu gestaltete Beete für die kommende Bundesgartenschau, zarte Farbspiele zwischen schweigend aber schlendernden Parkbesuchern. Die Pandemie hat Momente konzentriert und intensiviert: Natur kam mir natürlicher vor, Ruhe ruhiger, Farben farbiger, und weil so viele Menschen in ihren Gärten waren, bedeuteten auch Blicke über den Gartenzaun immer etwas mehr als zuvor. Mitten in der Pandemie habe ich gemerkt, wie ich mein Umfeld anders wahrnehme und Orte entdecke, die mir ganz sicher in normalen Zeiten nie aufgefallen wären.

Jens Haentzschel (M.A.), geboren in Celle, studierte Germanistik, Publizistik und Soziologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Seit Mitte der 1990er-Jahre arbeitete er für verschiedene Kulturredaktionen deutscher Tageszeitungen. Seit 2002 wirkt Jens Haentzschel als fester Autor und Regisseur an der Fernsehsendung „MDR Garten“ mit. Dabei entstanden Filmbeiträge über Gärten, Gartenbesitzer oder Pflanzenzüchter. 2006 etablierte er als Autor im „MDR Garten“ ein neues Format zur Vorstellung von Gartenbüchern. Von 2012 bis 2016 war er Mitglied in der Jury zum Deutschen Gartenbuchpreise. Seit 2016 moderiert er neben Diana Fritzsche-Grimmig auch den „MDR Garten“ und arbeitet seit einigen Jahren als freier Autor für das Fachmagazin „DEGA Gartenbau“ und andere Publikationen.

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