barbara, rinkerode – germany

“Wenn ich nochmal auf die Welt komme, werde ich wieder Gärtner – und das nächste Mal auch noch. Denn für ein Leben ward dieser Beruf zu groß.”

-Karl Foerster-

Im Dezember des letzten Jahres war Corona ein Virus im fernen China. Schlimm für die Menschen, besonders in Wuhan, aber doch so weit entfernt von Europa, von Deutschland, vom Münsterland und von uns in Rinkerode. Und dann war er da. Mitte Februar geht es in Bergamo los … schon nicht mehr so weit entfernt. Aber die Alpen sind ja noch dazwischen. Ab März herrscht plötzlich auch bei uns Ausnahmezustand. Mitten in meiner Saison. Der Kalender war noch nie so voll wie in diesem Jahr. Viele schöne Beratungen, vor allem für naturnahe Gärten, und spannende Pflanzungen warteten auf mich. Und jetzt? Einfach weiterarbeiten? Kann ich das verantworten? Da ich keine Mitarbeiter habe, arbeite ich mit meinen Kunden gemeinsam im Garten. Da ist Abstand halten fast unmöglich. Viele meiner Kunden sind auch schon älter und gehören zur Risikogruppe, genauso wie mein Mann und ich.
Also Vollbremsung. Von Hundert auf Null runter. Sofort! Ohne wenn und aber. Und jetzt? Wie war mein Gefühl dabei? Viel besser als ich erwartet hätte. Ich hatte auf einmal Zeit. Und da mein Mann in Rente ist … sogar sehr viel Zeit. Zeit und Muße für den eigenen Garten. Das war so ungewohnt. Im Frühjahr habe ich nie Zeit für den eigenen Garten. Die notwendigen Arbeiten mussten sonst immer schnell gehen, weil die Arbeit in anderen Gärten anstand. Aber jetzt war Zeit ohne Ende da. Welch ein Luxus. Als wenn über unserem Garten, immerhin 1400 m², eine große Glocke liegt. Ein Refugium, in das der Virus keinen Zutritt hat.
Auch als die Informationen immer schlimmer wurden und zeitweise die Panik in mir hochkam, bewahrte mich der Garten mit seiner Lebendigkeit davor, sie zuzulassen. Diese langen Wochen ohne Termine haben mir gutgetan. Ich kam wieder zum Gärtnern: aussäen, pikieren und topfen. Dinge, mit denen ich als Gärtnertochter groß geworden bin. Die ich immer sehr gerne gemacht habe und die für mich ein wichtiger Teil meines Berufes sind. Morgens als erstes mit einer Tasse Kaffee durch den Garten wandeln und die Stauden nach der Winterruhe begrüßen … welch ein Luxus. Manchmal kam das schlechte Gewissen hoch. Ich genieße den Garten und viele andere haben große Probleme, finanzielle Sorgen, Kinder plötzlich zu Hause oder sogar schwer am Virus erkrankt. Dann habe ich mir immer gesagt, dass wir als Risikogruppe am besten helfen, wenn wir isoliert bleiben, damit wir kein Krankenhausbett brauchen.
Mir ist wieder richtig bewusst geworden, wie heilsam und wichtig die Natur im Garten für mich ist. Wieviel ich von ihr lernen kann und wie wichtig es ist, das auch weiterzugeben. Wie faszinierend es ist, jeden Tag einmal nachzuschauen, ob die weiße Krabbenspinne noch da ist. Zuzusehen, wie sie eine Fliege vertilgt, die größer als sie selbst ist. Und dann noch ein paar Tage später kleine Babykrabbenspinnen zu entdecken. Ich weiß nicht, ob sie schon immer im Garten war. Wahrscheinlich, aber entdeckt habe ich sie, weil ich jetzt die Zeit habe, genau hinzuschauen. Das hat mich sehr geerdet und zur Ruhe gebracht. Unser naturnaher Garten war genau der richtige Ort für mich.

Krabbenspinne1

Dieses Gefühl möchte ich behalten und mit in die „nach-Corona-Zeit“ nehmen. Ich möchte es in meinem Leben und meinem Beruf fest verankern und anderen Menschen weitergeben, wie wichtig ein lebendiger, vielfältiger Garten in Krisenzeiten sein kann. Ein Garten mit Pflanzen und Tieren, ein eigener Rückzugsort mit viel Natur.

Barbara Gerlach arbeitet als selbständige Gärtnermeisterin in der dritten Generation. Ihre Schwerpunkte sind Pflanzen, Beratung und gemeinsames Arbeiten mit dem Kunden. www.aus-lust-zum-garten.de

Seit einem Jahr schreibt sie zudem ihren eigenen Gartenblog: www.hortusvivendi.de. Darin zeigt sie ihren Lesern, wie vielfältig und schön der Beruf des Gärtners ist. Bei all ihren Tätigkeiten rund ums Gärtnern ist ihr wichtig, die Erfahrungen aus ihrer langjährigen Berufspraxis weiterzugeben und für den verantwortungsvollen Umgang mit Pflanzen, vor allen mit den Bäumen, zu sensibilisieren.

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