„Wenn Du einen Garten und eine Bibliothek hast, so wird es Dir an nichts fehlen.”
Marcus Tullius Cicero
Ich bin eine Reisende und eine große Gartenliebhaberin! Anders als die meisten hier Beitragenden habe ich leider keinen eigenen Garten, den ich zur Corona-Lockdown-Zeit aufsuchen konnte. Ich habe mir immer vorgestellt, wie schön das jetzt wäre: in seinem eigenen Garten zu sein, zu pflanzen, zu gestalten, kreativ zu sein und das Wachstum der Pflanzen zu beobachten. Welch ein wohltuendes und Trost spendendes Gegengewicht zu der permanent auf uns einwirkenden Informationsflut über Corona-Infektionsherde und Reproduktionsfaktoren. Im Garten kann man Sorgen kurzzeitig ausblenden, Corona einfach mal Corona sein lassen und zwischendurch die Seele baumeln lassen. Man sieht und hört davon einfach nichts in der Natur. Und im Garten gibt es immer viel zu tun! Körper und Geist sind in einer ganz anderen Art und Weise gefordert, in einer sehr positiven! Die sorgenvollen Gedanken schwinden ein wenig.
Als zum Beginn des Corona-Lockdowns alle meine Lieblingsgärten, die sämtlich öffentliche Botanische Gärten sind – und die ich oft und regelmässig besuche – mit einem Mal schlossen, war das sehr schwer für mich. Ich habe anderweitig Trost in der Natur gesucht mit langen Spaziergängen und mir gleichzeitig vorgestellt, wie es jetzt wäre, alleine in einem dieser geschlossenen Gärten herumzuwandeln. Es hat mich erinnert an manche „Secret Gardens” in England, zu denen man einen Schlüssel haben muss, um hereinzukommen. Wenigen privilegierten Menschen ist darin der Zutritt gewährt und sie können jederzeit hinein. Auch in Corona-Zeiten. Ich musste ebenfalls an das Bild des kleinen „Paradiesgärtleins” im Frankfurter Städel denken, das eine sehr harmonische und idealisierte Darstellung eines „Hortus Conclusus” ist. Jeder Mensch hat in diesen schweren Zeiten seine Sehnsuchtsorte und seine eigenen Assoziationen!
Im Mai hatte ich eine Gartenreise nach Cornwall geplant, die natürlich, wie sonst auch alle Reisen derzeit, ausfiel. Ich habe immer große Freude daran, mich mit Gleichgesinnten über Gärten und deren Gestaltung auszutauschen und begleite als Botanikerin nun seit zwanzig Jahren Gartenreisen in die verschiedensten Länder. Englische Landschaftsgärten haben für mich eine ganz besondere Bedeutung. Sie fügen sich harmonisch in die umgebende Landschaft ein, sie sind oft gross und weitläufig, mit beeindruckenden Sichtachsen, geschwungenen Wegen, Bachläufen und uralten mächtigen Solitär-Bäumen oder Baumgruppen.

Ein ganz besonderer Ort in Cornwall mit einer unglaublichen Geschichte, an die ich dieser Zeit oft denken muss, das sind die „Lost Gardens of Heligan”. Heligan ist ein mehr als 400 Jahre alter Landsitz der Familie Tremayne, an dem sowohl Landwirtschaft wie auch Gartenbau zur Selbstversorgung betrieben wurde. Sowohl zahlreiche Zier- und Nutzgärten wurden dort angelegt, wie auch mit Pferdemist beheizte Gewächshäuser für Ananaszucht betrieben. Große botanische Besonderheiten sind dort auch der„Jungle” und das „Lost Valley”, ein großes mit exotischen Pflanzenarten aus aller Welt bewachsenes Tal, das zur Meeresbucht von Mevagissey hinunterführt. Dieses Paradies war zum Niedergang verurteilt, als der erste Weltkrieg ausbrach, und sowohl Familienangehörige wie auch Gärtner von Heligan zum Krieg eingezogen wurden. Der Garten verwilderte in dieser Zeit vollkommen und wurde von meterdickem Brombeergestrüpp überwachsen. Im zweiten Weltkrieg übernahmen dann die Militärs das Areal und probten unten am Ufer die Landung der Alliierten in der Normandie. Niemand ahnte, welche botanischen Schätze und Raritäten aus der Zeit der englischen Entdeckungsreisen im 19. Jahrhunderts derzeit noch lebendig unter dem mächtigen Gestrüppdickicht schlummerten. „Asleep for 70 years” – 70 Jahre Dornröschenschlaf, so lange dauerte es, bis die „Lost Gardens of Heligan” zu Beginn der 1990er Jahre dann wiederentdeckt und instand gebracht wurden. Ein unglaubliche Geschichte! Heute gehören sie zu den berühmtesten Gärten Englands.

Gärten sind fragil und stets von unserer menschlichen Obhut abhängig. Sie benötigen unseren ständigen Einsatz und unsere Pflege, aber sie können auch schwere Krisensituationen überdauern und werden dann wieder lebendig! So können sie uns auch in der Corona-Zeit Hoffnung und Zuversicht geben!
Heidrun
Biologin, Gartenpädagogin und wissenschaftliche Bibliothekarin aus Basel