Ein Wasserrohrbruch in unserem Haus auf Gran Canaria veranlasste uns nach unseren dort verbrachten Wintermonaten, bereits Mitte März anstatt wie geplant Anfang April nach Deutschland zurück zu fliegen. Was für ein glücklicher Zufall, kurz darauf wurden alle Flüge und Grenzen geschlossen.
Sozusagen von dem einen Garten in den anderen Garten. Da ich immer im Frühling, nach der langen Abwesenheit, in meinem Garten in Niedersachsen sehr viel zu tun habe, waren mir die Einschränkungen gar nicht richtig bewusst. Mein Mann amüsierte sich: „Etwas Besseres konnte Dir gar nicht passieren“. Ja, recht hatte er, so konnte ich mich ganz meinen Gartenarbeiten widmen und merkte erst einmal gar nichts von den Einschränkungen. Nach und nach wurde mir erst das Ausmaß dieser besonderen Krise bewusst und ich vermisste vor allem unsere Tochter und unsere Freunde, die uns nicht besuchen konnten. Der erste Lichtblick kam, als meine Gärtnerei öffnete. Jeden Tag wurde mir mein Garten wertvoller.
Mit Bedauern dachte ich an meine kanarischen Freunde und Nachbarn, die nicht einmal ihr Grundstück verlassen durften. Hier konnte ich wenigstens spazieren gehen und mit meinem Rennrad meine Runden drehen. Home Office heißt bei mir Mobile Working, ich kann sozusagen überall auf der Welt arbeiten und vor allem wann ich will, vieles kann auf den Abend verlegt werden, um tags draußen zu sein.
War das derselbe Garten? Zwitscherten nicht viel mehr Vögel als in den Jahren davor? Waren nicht viel mehr neue Arten dazugekommen? Was waren das plötzlich für hübsche kleine Blüten an mir unbekannten Pflanzen, waren das Unkräuter, Wildkräuter? Etwas war anders. Alles war anders. Jeder Tag, an dem ich draußen arbeiten kann, entdecken, verändern, riechen, schmecken, fotografieren und malen, war und ist ein Geschenk.
Viel Neues habe ich mir überlegt in dieser Zeit: Eine Gartenecke ist jetzt ein Kiesgarten mit vielen Gräsern, die sich so schön sanft im Wind bewegen, Katzenminze, Schafgarbe und vieles mehr. Endlich habe ich mir eine Baumpäonie mit großen weißen Blüten zugelegt.
Unkraut sah ich plötzlich mit anderen Augen. Ich begann, alle Kräuter zu fotografieren, und legte mir eine Bestimmungs-App zu, die mir von der Loki Schmidt-Stiftung empfohlen wurde. Dann fing ich an, alle in meinem Garten gefundenen Un- bzw. Wildkräuter in einem Bestimmungsbuch festzuhalten. Es sind inzwischen vierzig (!) verschiedene Wildpflanzen. Man kommt auf ganz neue Ideen. Meine Familie belächelte mich: Corona lässt grüßen …
Als nächstes verlegte ich mein Atelier ins Gartenhaus: Ich beschäftigte mich mit der Herstellung von Pflanzenpigmenten und jetzt male ich mit den Pflanzenfarben, mit Erde, Asche, benutze Rinde, Pflanzenteile – mein Garten wird zum Kunstwerk ganz anderer Art. Mein Garten (ver-)führte mich ebenfalls zum botanischen Zeichnen, nachdem ich die alten Aquarellfarben meiner Mutter im Keller wiederentdeckte.

Alles das ist zurzeit mein ganzes Glück. Keine Maske, die ich wirklich furchtbar finde, Abstand halte ich höchstens zu der mannshoch gewordenen Gewöhnlichen Kratzdistel (Cirsium vulgare), welche inzwischen sehr hübsch lila blüht, aber äußerst unangenehm piekst.
Mit unserem Gärtner in unserem Inselhaus stehe ich in ständiger Verbindung. Nachdem er wieder arbeiten darf (in ganz Spanien war Hausarrest verordnet) schickt er whatsapp-Fotos, ist stolz, dass alles grünt, und ich freue mich auch über meinen fernen Garten, den ich hoffentlich im Herbst wiedersehen kann.
Ich habe seit letztem Jahr meine berufliche Tätigkeit aufgegeben und arbeite jetzt als freie Autorin mit eigenem kleinen Verlag, in welchem ich mich selbst verlege und auch inzwischen andere Autoren, siehe meine website: www.coqui-verlag.de
Außer Fachbüchern (Philosophie, Kunst, Geschichte) schreibe ich kleine Reise-Lese-Bücher und zuletzt veröffentlichte ich ein Buch über Gärten auf der ganzen Welt, auch die imaginären Gärten, die es nur in der Literatur gibt: „Der metaphysische Garten und andere Wahrheiten“ – Gärten mit Geschichte(n) – Von Pflanzen, Menschen und Begegnungen. (Foto anbei). Ich bin Mitglied der Loki-Schmidt-Stiftung. https://www.loki-schmidt-stiftung.de/und Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Philosophie e.V. https://www.dgphil.de
Ansonsten habe ich einen Ehemann (Arzt und Pianist), eine verheiratete Tochter, bis vor kurzem zwei über alles geliebte Jack-Russel-Terrier (sie wurden 16 und 18 Jahre alt) und ein Häuschen mit kleinem Garten auf Gran Canaria. Meine Leidenschaft ist der Garten und Rennradfahren.